„Was für ein Land ist dieses Lappland eigentlich, wohin du immer fährst?“, wurde ich kürzlich gefragt. Eine berechtigte Frage, ist es doch eine Region die sich von Russland über Finnland und Schweden bis nach Norwegen zieht. Genau genommen ist es also die nördliche Region dieser vier Länder, deren genaue Ausdehnung unterschiedlich definiert wird, je nach Betrachtungsweise. Es handelt sich eben nicht um eine Land.
Ein paar Dinge kann man jedoch sagen. Es ist die Heimat und der Lebensraum der Samen (die heißen echt so), der Urbevölkerung Lapplands, die eine gemeinsame Sprache, Kultur und Lebensweise verbindet wie zum Beispiel die Renntierhaltung. Allerdings stellen die Samen in allen genannten Ländern lediglich eine kleine zumeist aber anerkannte Minderheit dar.
Inhalt
Västerbotten mit dem Auto entdecken
Seit meinem ersten Besuch in finnisch Lappland im tiefsten Winter mit wunderschönen Schneelandschaften und Nordlichtern, aber auch bis zu -30 Grad war ich nun sehr neugierig auf den Sommer in schwedisch Lappland. Vor allem wie es sich wohl anfüllt, wenn es überhaupt nicht richtig dunkel wird. Was würde der lappische Sommer von den Temperaturen hergeben?
Die Roadtrip-Route durch Västerbotten
Nach aufregenden Tagen in Stockholm geht es per Flugzeug nach Umeå (gesprochen Ümeo), der Hauptstadt der Region Västerbotten. Bei einer Anreise per Flieger und Abreise mit der schwedischer Eisenbahn wie bei mir, würde ich auf jeden Fall ein Mietauto nehmen. Die Region ist dünn besiedelt und Auto fahren ist hier total entspannt. Details zur An- und Abreise am Ende.
Tjarn: Natur pur & Stille erleben
Vom Umeå Flughafen geht es ohne Umwege weiter in die Wälder nahe Olofsfors. Genau genommen zu einer ehemalige Farm mitten in der schwedischen Wildnis. Dort hat der ruhige und sehr gastfreundliche Besitzer Bengt-Erik Hesse die alte Farm in mühevoller Handarbeit zu einem der schönsten und ruhigsten bewohnten Plätzchen Erde hergerichtet, an dem ich je war.
Die Tjarn-Farm liegt auf einer großen Lichtung eines Waldes, die an einer Seite von einem kleinen Fluss begrenzt ist. Besonders auffallend ist hier die absolute Stille! Auch ein Grund warum dieser Ort für Familienfeiern oder Firmenevents so beliebt ist. Die Menschen sehnen sich in ihrem stressigen Alltag auch immer nach Ruhe, mir geht es definitiv auch so.
Deshalb sitze ich gleich nach Ankunft ganz glückselig an Lagerfeuer und genieße eine schwedische Kaffeepause auch Fika genannt. Unmöglich Tjarn in wenigen Worten zu beschreiben, deshalb lasse ich am besten Fotos sprechen.
Vegan in Schweden und Lappland
Ja, auch das funktioniert. Im Sommer 2015 bereits sehr gut. Für den Aufenthalt auf der Farm hatte ich vorab angegeben, dass ich mich vegan ernähre und entsprechend hatte unser Gastgeber alle für diese Region typischen für mich in einer veganen Variante bereitgestellt.
Sowohl bei der Fika, also der schwedischen Kaffeepause auch als beim gemeinsamen Abendessen muss ich mich als Veganerin nicht mit einem langweiligen Salat begnügen. Vom veganen Knäckebrot bis zum Dessert. Alles ist lecker und steht dem Essen meiner Mitreisenden in nichts nach.
Järnisklubb: Ostseeluft schnuppern
Auf der Suche nach schwedischen Wildlife, begibt man sich am besten ins nahegelegene Järnisklubb und macht eine Bootsfahrt auf die Ostsee. Auch wenn man wie ich nicht ganz Seefest ist, kann man die ca. einstündige Bootspartie schon mal wagen, um einen Schnappschuss von den frechen Robben in freier Wildbahn zu erhaschen.
Meer ist einfach schön, allein der Blick vom Bootssteg übers Wasser verursacht diese Sehnsucht sofort für immer irgendwo ans Meer zu ziehen zu wollen. Übrigens verstärkt ein starkes Teleobjektiv, dass ich zum Fotografieren für die Robben mit an Board nahm extrem den Effekt der Seekrankheit. Bei dem Geschaukel war es zudem unmöglich das schwere 300 mm Objektiv stabil zu halten.
Eksele: Wildwasser-Rafting
Nicht mal ich komme in Schweden an Aktivwassersport vorbei und ehrlich gesagt bin doch auch wirklich gespannt auf Wildwasser-Rafting in der schwedischen Wildnis. In Eksele kann man irgendwo im nirgendwo Whitewater Rafting ausprobieren.
Ohne Neoprenanzug geht es nicht bei dem kalten Flusswasser und so besteht bereits die erste Herausforderung darin, sich in die dicke Gummihaut zu zwängen. Die Trainer geben unsere 6 köpfige Gruppe eine sehr detaillierte Einführung in Sachen Sicherheit und wer auf welcher Position was tun muss.
Bei Wildwasser-Rafting ist Teamgeist gefragt. Das sollte sich auch noch zeigen als wir in der zweiten Stromschnelle fast umkippen. Wie knapp es war kann ich nur ahnen, aber mein Paddel griff eine sehr lange Moment nur in die Luft.
Am Ende siegt der Stolz auf das gemeinsame Abenteuer und in etwas ruhigem Wasser dürfen wir uns samt unseren Schwimmwesten in den Fluss stürzten. Zu meiner Überraschung springen auch glatt ein paar Lachse Stromaufwärts an uns vorbei.
Übrigens gibt Whitewater Rafting mit verschiedenen Schwierigkeitsstufen, abhängig von der Erfahrung und sicher auch Kraft der Teams.
Das super Team meiner voranging in englischer Sprache bloggenden Reisebegleiter kamen aus aller Welt: Michael aus Hongkong (An accidental Travel Writer), Sonja aus der Schweiz (Sonja Swiss Life), Engin aus der Türkei (EngineerTravel) und Jonathan aus den USA (Everybody hates a Tourist), sowie die beiden wundervollen Damen von Visit Umea.
Granö-Beckasin: Schlafen im Baumhaus
Nach einem anstrengenden Tag beim Whitewater Rafting tut ein leckeres Abendessen mit lokalen Speisen und Getränken direkt am Fluss von Granö-Beckasin mehr als gut. Allerdings ist der Tag um 20.30 Uhr noch nicht zu Ende, denn schliesslich geht die Sonne erst gegen 23 Uhr halbwegs unter.
Mit dem Ruderboot, einem Picknickkorb und einer Botanikerin geht es auf Kräuterwanderung in einen sehr alten Wald mit hohen Bäumen. Theoretisch könnte ich mit dem neue erlernten Wissen nach der Wanderung in der Wildnis überleben, wenn da nicht die Mücken wären.
In der kleinen roten Sauna direkt am Wasser lasse ich den Tag mit einem meiner Reisebegleiter ausklingen. Zur Abkühlung in den Fluss mag ich diesmal nicht. Lieber sitze ich auf der Bank vor der Sauna und starre in den auch kurz vor Mitternacht noch sichtbaren Sonnenuntergang bevor es zur Übernachtung ins Baumhaus hoch hinaus geht.
Direkt über dem Fluss Umeälven übernachte ich in einem Baumhaus, dass die Besitzer liebevoll Vogelnest nennen. Das trifft es auch ziemlich gut. Einen schöneren Ausblick vom meinem Bett hatte ich wirklich noch nie. Am liebsten möchte ich gar nicht schlafen, um keine Minute zu verpassen!
Vom Bett schaut man durch die fast ausschliesslich gläserne Front direkt auf den Fluss, der an dieser Stelle eher die Form eines Sees hat. Neben einem geräumigen Bad mit großer Dusche gibt es sogar eine kleine Kochnische.
Am liebsten würde ich hier gleich einziehen. Definitiv ein Highlight meiner gesamten Reise zumal die Baumhäuser nicht nur von lokalen Handwerkern erbaut wurden, sondern auch mit ökologischen Baumaterialien verwendet wurden.
Umeå: Stadtleben und Kultur
Umeå gesprochen Ümeo, ist die größte Stadt Västerbottens. Ein guter Ausgangs- und/oder Endpunkt einer Reise in die Region. Das Auto kann man getrost parken, den die Stadt erschliesst sich besser zu Fuß oder auch mit dem Fahrrad.
Los geht’s! Besonders gespannt bin ich auf die kulinarischen Seiten Umeås, dass sich selbst als vegetarische Hauptstadt Schweden bezeichnet. Obwohl Umeå die größte Stadt Nordschwedens ist, wirkt sie doch sehr überschaubar, fast familiär. Gerade mit soviel Abwechslung, dass man nach den Tagen in der einsamen Natur Västerbottens nicht gleich von Menschen und Eindrücken erschlagen wird.
Als Einstieg unbedingt mit einem Stadtrundgang beginnen, den man am besten an der Uferpromenade enden lässt. Wo neben Freizeitangeboten für Kinder wie Skaterpark, kleine Parkanlagen und das architektonisch herausstehenden Kulturzentrums Väven (Die Welle) warten.
Beim Besuch der wohl größten privaten Gitarrensammlung im „Guitars -The Museum“ und im Västerbotten Museum unbedingt etwas Zeit einplanen. Auf einer Restaurant-Hoping Tour am Abend habe ich noch testen können, wie ernst Umeå sein Motto als vegetarische Hauptstadt Schweden wirklich nimmt. Soviel kann ich schon verraten: sie verstehen es doch sehr gut etwas für alle Geschmäcker anzubieten, sodass ich auch als Veganer am späten Abend zufrieden und mit vollem Bauch in meine Koje im alten Seefahrerhotel „Stora Hotellet“ falle.
Im nächsten Artikel Umeå das Tor nach Västerbotten nehme ich dich mit auf einen Spaziergang durch Umeå und verrate dir meine Tipps für einen abwechslungsreichen Aufenthalt in der Hauptstadt Västerbottens.
Lange Tage und kurze Nächte
Während meiner Reisezeit im Juli sind die „weißen Nächte“ zwar bereits vorbei, aber auch in den wenigen Stunden Nacht zwischen 11.30 und 2:30 Uhr wird es nicht richtig dunkel. Es hat in dieser Zeit den Anschein als ob die Sonne einfach kurz nach Sonnenuntergang am Horizont stecken bleibt, da dieses Restglücken kurz nach dem Sonnenuntergang nicht verschwindet.
Auch ein Grund warum sich Lappland fürs sichten oder fotografieren von Polarlichtern nicht eignet. Es wird einfach nicht dunkel genug, das besondere Ereignis zu erleben. Dafür eigenen sich die Monaten von September bis März sehr viel besser.
Mich verführten die kurzen Nächte vor allem dazu sehr wenig zu schlafen, weil ich einfach entweder sehr lange noch fotografieren wollte und anschliessend gern noch den Abend in der Sauna ausklingen lassen wollte.
An- und Abreise nach Umeå
Vom kleineren Stockholmer Flughafen Bromma flog ich innerhalb nur einer Stunde mit der schwedischen Fluglinie BRA direkt nach Umeå. Auf dem Rückweg durfte es etwas langsamer sein und so nahm ich die schwedische Eisenbahn RJ.
Unbedingt nach einer Verbindung mit Schnellzug und ohne Umsteigen schauen, dann ist man in 6,5 Stunden von Umeå in Stockholm. Bei rechtzeitiger Buchung kann man durchaus auch 1. Klasse Tickets für den den selben Preis wie 2. Klasse Tickets erwerben.
Dort kommt man in den Genuß von breiteren Sitzen und einem kostenlosen Angebot von Tee, Kaffee, Muffins und Obst. Kostenloses und vor allem stabiles W-Lan hat man im ganzen Zug.
Danke an Visit Umea für die Einladung nach Västerbotten im Rahmen der Reiseblogger-Konferenz TBEX.
2 Kommentare
Liebe Synke,
ich habe den Bericht jetzt schon zum dritten Mal gelesen und angeschaut, ich finde ihn einfach so wunderbar stimmungsvoll und liebe Deine Fotos!
Ich stimme mich gerade auf einen Trip nach schwedisch-Lappland ein, allerdings wird es da um einiges kälter sein als bei Deinem Besuch ;).
Vielleicht habe ich ja tatsächlich Glück mit den Polarlichtern, Deinen Artikel dazu werde ich mir auf jeden Fall davor auch nochmal vorlesen.
Grüße,
Sandra
Liebe Sandra,
das freut mich sehr! Ich kenne Lappland im Winter zwar nur aus Finnland, aber das war wunderschön. Ich bin sehr gespannt auf deine Eindrücke und wünsche dir eine tolle Zeit. Die Daumen für Polarlichter sind auch fest gedrückt!
Liebe Grüße, Synke