Wie lange habe ich davon geträumt: ein Roadtrip durch die USA. Nicht mein erster, aber der erste seit Jahren und ganz allein. Ich wollte das echte Amerika erleben, abseits der großen Städte: Kleinstadt-Amerika. Die erste Etappe meines insgesamt vierwöchigen veganen Roadtrips führte mich durch Illinois.
Illinois
llinois gehört zum Mittleren Westen. Ein „kleiner“ Staat, der von der Landwirtschaft geprägt ist. Gerne hätte ich auf meinem Roadtrip in Illinois mehr Stopps eingelegt (z.B. in Galena an der Great River Road), aber irgendwie musste ich eine Rundreise mit Start- und Endpunkt in Chicago planen und das Ganze auf knapp fünf Tage verteilen.
So entstand die folgende Route mit jeweils einem Tag an jedem Ort:
Chicago – Rockford – Peoria – Champaign – Chicago
1. Rockford
Rockford liegt gut eineinhalb Autostunden nordwestlich von Chicago. Mitten durch die Stadt fließt der Rock River, der der Stadt vermutlich ihren Namen gab.
Anderson Gardens
Pünktlich nach meiner Ankunft macht sich bei mir ein leichter Jetlag breit und ich besuche den wunderschönen, nach japanischem Vorbild angelegten Anderson Garden, um ein wenig Ruhe zu finden. Koi-Karpfen beobachten und kleine Wasserfälle mit ein paar Sekunden Langzeitbelichtung fotografieren entspannen mich, bis ich den Verlust meines iPhones bemerke.
Etwas gestresst falle ich dem netten Parkranger in die Hände, der mir sofort bei der Suche hilft. Eine gefühlte Ewigkeit später (in Wirklichkeit sind es wohl nur 20 Minuten) übergibt mir eine ältere Dame das gute Stück. Puhhhh, was für eine Erleichterung. Da habe ich wohl ein paar Pluspunkte auf meinem Karma-Konto gesammelt!
Der kundige Führer nimmt sich gleich meiner an und zeigt mir nun die schönsten Fotospots und erzählt mir ein wenig über die Geschichte des Gartens. Schnell bin ich wieder tiefenentspannt und genieße die Tour.
Dinner on the Dock (Prairie Street Brauerei)
Den Abend verbringe ich bei schönstem Frühsommerwetter am Fluss beim Dinner on the Dock. Neben stimmungsvoller Live-Musik direkt am Rock River gibt es verschiedene Draft-Biere aus der hauseigenen Brauerei und dazu Burger frisch vom Grill. Ich nehme einen Bean Burger. Alle weiteren Zutaten wie Salat, Tomaten und vieles mehr kann man sich an der „Beilagen-Bar“ selbst zusammenstellen.
Während ich meinen Burger schnell verschlinge und mein Bier langsam trinke, geht auf der anderen Seite des Flusses die Sonne langsam unter. Das Dock ist voller Menschen, die sich fröhlich und tanzend auf das lange „Memorial Day“-Wochenende einstimmen. Ein wunderbar entspannender Abschluss meines ersten Tages in Illinois.
Vegan und regional Essen in Rockford
Folgende Restaurants bieten regionale, vegetarische und vegane Küche an. Bitte informieren Sie sich vorab online über das aktuelle Angebot:
- Social Urban Bar & Restaurant
- Abreo
- Greenfire Market
Wo übernachten in Rockford
Ich habe im sehr zentralen „Courtyard Rockford“ übernachtet.
Weitere Attraktionen in Rockford
Weitere Sehenswürdigkeiten in Rockford, Illinois, die ich wegen der Kürze der Zeit nicht besuchen konnte, sind:
- Rockford Art Museum
- Nicholas Conservatory & Gardens
- GPS Farmers Market
2. Peoria
Am nächsten Morgen fahre ich von Rockford, dem fast nördlichsten Punkt des Staates, in nur 2 Stunden ins Herz von Illinois nach Peoria.
Thirty-Thirty Coffee Co. (seit Ende 2023 geschlossen)
Mein erster Stop ist das lokale betriebene Café Thirty-Thirty Coffee. Ich werde super freundlich von einem Mittdreißiger Typen hinterm Tresen begrüßt. Ob ich schon einmal hier war, möchte der bärtige Hipster Barista wissen. Nein, das ist mein erstes Mal in Peoria und überhaupt in Illinois.
Später wird mir klar, er meinte den Coffeeshop. Ich bestelle einen schwarzen Kaffee. Das lässt er nicht durchgehen. Wie ich den meinen Kaffee am liebsten trinke? Naja, schwarz halt! Ja, lieber mit einer beerigen Note oder etwas holziger? Bin ich in einer Weinhandlung gelandet? Nein, bin ich nicht und der Enthusiasmus des Barista für Kaffee ist ansteckend. Jetzt bin ich aber gespannt. Tatsächlich ist der Kaffee sehr lecker und er wird in einer echten Tasse serviert (das soll fast ein Einzelfall für den Rest meines Trips bleiben).
Der Coffeeshop selbst erinnert mich irgendwie ein bisschen an Berlin, bis auf den ausgestopften Grizzly Bären in der Ecke vielleicht. Inständig hoffe ich, dass er wie Knut eines natürlichen Todes gestorben ist.
Vereinzelt sitzen Leute hinter ihren Laptops und arbeiten in gemütlicher Atmosphäre. Am liebsten würde ich jetzt auch meinen Laptop aufklappen und bloggen … aber ich will Peoria erkunden und mein Magen knurrt auch langsam.
Rhythm Kitchen
Ohne anständiges Mittagessen läuft mein Tag nicht gut, das ist einfach so. Rhythm Kitchen klingt nach Soul Food. Während ich ein veganes Chili mit viel Avocado genieße, studiere ich meine Optionen für den Rest des Tages.
Peoria Riverfront Museum
Nach einem kurzen Spaziergang und etwas Streetphotography an der Flusspromenade flüchte ich vor der aufkommenden Mittagshitze lieber ins klimatisierte Peoria Riverfront Museum. Die Sonderausstellung Stuff hat es mir angetan. Stuff habe ich auch jede Menge. Wirklich spannend, was die Leute alles sammeln. Ansonsten lerne ich viel über die Geschichte von Peoria.
Bevor es am Abend zur Mondscheinfahrt mit dem Schaufelraddampfer geht, checke ich noch schnell im Hotel ein. Mein Zimmer ist wirklich super gemütlich und ich bin kurz versucht, dem Jetlag nachzugeben. Zum Glück ist die Fahrt mit der Peoria Spirit schon gebucht und nach dem Abendessen an der Hotelbar und einem Drink bin ich wieder fit.
Auch wenn Elvis wahrscheinlich nie in Peoria war, so ist er doch auch in einer Kleinstadt im Süden der USA geboren. Aber das ist eine Reise für ein anderes Mal. Sie führt nach Tupelo Mississippi.
Mondlichtfahrt auf dem Illinois River
Während an der Riverfront ein Straßenfest beginnt, besteige ich einen dieser typisch amerikanischen Schaufelraddampfer, die Spirit of Peoria. Ausgestattet mit Bier und Popcorn geht es hinaus auf den Fluss. Familien und Paare sitzen entspannt an Deck. Niemand ist hier gestresst, alle sind Touristen wie ich. Durch den Memorial Day am Montag haben die Amerikaner ein selten langes Wochenende.
Sobald die Sonne untergegangen und der Mond über dem Illinois River aufgegangen ist, beginnt Country-Rocker Brian seine Live-Show am Heck des Schiffes. Ein sympathischer Typ, der die Leute und auch mich mitreißt. Bald wiegen sich alle im Rhythmus, als wir auch schon wieder in Peoria einlaufen. Die bunten Lichter der Stadt spiegeln sich im Illinois River.
Müde und glücklich falle ich in mein Bett im Mark Twain Hotel, wie es sich für eine Abenteurerin und Schriftstellerin gehört.
Auch wenn Mark Twain vielleicht nie in Peoria war, spätestens nach der Fahrt mit dem rot-weißen Schaufelraddampfer habe ich das Gefühl, auf den Spuren des großen Schriftstellers zu wandeln.
Am nächsten Morgen geht es weiter zum Höhepunkt meines Roadtrips durch Illinois. Die Universitätsstadt Champaign und der Besuch einer echten amerikanischen Biofarm stehen auf dem Programm.
3. Champaign
Die Universitätsstadt war der Grund, warum ich einen Abstecher auf der Great River Road von meiner ursprünglichen Route gestrichen habe. Sie liegt etwa 130 km südlich von Chicago und ist die Heimat der University of Illinois.
Vielleicht habe ich zu viele Hollywood-Serien und -Filme gesehen, aber amerikanische Kleinstädte mit großen Universitäten üben eine große Faszination auf mich aus.
Big Grove Tavern
Bevor ich mich auf eine Fotosafari durch Champaign begab, stärkte ich mich pünktlich zur Mittagszeit in der Big Grove Tavern mit einem veganen Burger und Süßkartoffelchips. Es sollte der leckerste Burger meiner ganzen Reise bleiben. Laut Website ist es das erste Farm-to-Table Restaurant in Champaign. Mitten in Downtown, direkt an der Hauptstraße gelegen, ideal um Leute zu beobachten.
Farm-to-Table bedeutet übrigens, dass hier nur Essen aus regionalen Zutaten auf den Teller kommt. Wobei regional mit einem Radius von ca. 100 km definiert ist. Warum ich ein großer Fan von regionalem Essen bin, könnt ihr hier noch einmal nachlesen: Veganer Roadtrip durch das Herz Amerikas.
Downtown Champaign
Satt schnappe ich mir meine Kamera und erkunde von der Big Grove Tavern aus die Gegend. Downtown Champaign hat nicht nur Gehwege, sondern auch Fahrradwege, fast schon europäisch.
Innerhalb eines relativ kleinen Radius entdecke ich das Art Theater (1913) und das Virginia Theater (1920er), die sich beide sehr fotogen vor meiner Kamera präsentieren. Im schön angelegten West Side Park, gleich hinter dem Virginia Theater, suche ich mir eine Bank und lasse die friedliche Samstagsatmosphäre auf mich wirken.
Prairie Fruit Farm
Mit dem Mietwagen fahre ich hinaus aufs Land. Champaign lasse ich schnell hinter mir. Links und rechts nur noch Felder, vereinzelt ein paar Bauernhöfe. Ich bin ganz aufgeregt! Ein Besuch auf einer amerikanischen Farm, das habe ich auf meinen vielen USA-Reisen noch nie erlebt.
Gerne hätte ich auch an einem der in den USA immer beliebter werdenden „Farm-to-Table“ Dinner teilgenommen, die sogar auf der „Prairie Fruit Farm“ angeboten werden. Leider fand zum Zeitpunkt meines Besuches kein Dinner statt. Spezielle Wünsche wie vegetarisch oder vegan können übrigens bei rechtzeitiger Anmeldung arrangiert werden.
Trotzdem nimmt sich Farmer Wes Zeit, mir in der geräumigen Scheune das Konzept seiner „Farm-to-Table“-Dinner zu erklären. Dann führt er mich durch den Gemüse- und Kräutergarten. Das Herzstück ist zweifellos die Ziegenfarm. Die Farm hat eine eigene kleine Käserei, die erste in ganz Illinois, wie Wes nicht ohne Stolz erklärt. Seine Frau Leslie zeigt mir später noch die Obstplantagen und erklärt, wie sie sich mit natürlichen Mitteln gegen Schädlinge schützen.
Warum manche Ziegen die Namen von James Bond Girls tragen und wie cool es ist, auf der Farm zu übernachten – diese Fragen beantworte ich im Beitrag: Zu Tisch im Herzen Amerikas.
Universität von Illinois
Auf dem Rückweg von der Prairie Fruit Farm mache ich noch einen Stopp auf dem Campus der University of Illinois. In einer Seitenstraße parke ich mein Auto, werfe ein paar Quarter in die Parkuhr und mache mich mit der Kamera auf den Weg über den Campus.
Die Universität wurde bereits 1867 gegründet, was man der schönen Architektur auch ansieht. Kein Vergleich zum westdeutschen 60er-Jahre-Bau meiner alten Uni. Große Gebäude und viele Grünflächen, umgeben von teilweise sehr schicken Verbindungshäusern, die ich an den griechischen Buchstaben neben der Eingangstür erkenne.
Auch in Champaign könnte ich locker einen Tag länger bleiben, aber ich freue mich auch darauf, am nächsten Tag wieder nach Chicago zu fahren. Viel Zeit bleibt mir nicht, um die Windy City kulinarisch und touristisch zu erkunden, aber ich werde sie sinnvoll nutzen.
Vegan durch Illinois = läuft!
Das leckerste vegane 4-Gänge Menü meines Lebens hatte ich gleich am ersten Abend in Chicago. In Gedanken daran läuft mir heute noch das Wasser im Mund zusammen.
Ich war positiv überrascht, wie einfach es ist, in Illinois vegan und lecker zu essen. Das hatte ich ehrlich gesagt nicht erwartet. Auch die Offenheit gegenüber veganer Ernährung im Allgemeinen. Neben vegetarischen und veganen Gerichten wurde auch glutenfreies Essen auf den Speisekarten extra hervorgehoben.
Hinweis: Meine Reise durch Illinois wurde von „Enjoy Illinois“unterstützt. Alle Ansichten sind meine eigenen.
8 Kommentare
Sehr schöner Bericht, da habe ich gleich wieder Fernweh 🙂 Mich hat es letztes Jahr auch noch Rockford verschlagen, da hätte ich auch noch einen Tipp: Am besten am Wochenende den Rockford Speedway besuchen und sich ein lokales Rennen anschauen – ist mal was anderes – zumindest für die Interessierten 🙂
Ach cool! Definitiv super Tipp für alle Motorsport Interessierten. Wobei die Atmosphäre auf einem solchen Event allein auch ein tolle Erfahrung während eines USA-Tripes ist. Danke Jens. LG
Herrlich, das ist mal ein schöner Roadtrip, das macht direkt Lust, auch loszufahren. Ich hab die USA auch noch auf meiner Wunschliste – vielleicht mach ich das ja irgendwann mal gemütlich im WoMo. 😉
Sag Bescheid, ich komme ein Stück mit. Mich reizen ja vor allem, die Ecken wo nicht jeder hin will.
na das waren nicht nur intressannte erlebnisse sondern auch wunderschöne bilder , aufnahmen ! ich bin total neugierig geworden.lg daniela
Danke Daniela 😉
Spannend! Von Kleinstadt-Amerika hatte ich eigentlich eine andere Vorstellung, aber du zeigst hier doch noch mal ein ganz anderes Bild!
Und das Essen sieht ja wirklich super lecker aus (sogar als nicht Veganer :D)
Liebe Grüße,
Carina
Hi Carina,
ich liebe Kleinstadt-Amerika 😉 Ich habe später auch in Texas, New Mexico und Kalifornien noch schöne Orte erkundet. Am leckersten war es tatsächlich aber in Illinois.