Immer wieder liest man davon, wie gut ein Aufenthalt in einem Ashram sein soll. Ashram, was ist das eigentlich? Meine Gastautorin Alice Radha ist ein reisende Yogini und sie erzählt von ihrem 3-wöchigen Besuch im Südindischen Yoga-Ashram.
Inhalt
- Was ist eigentlich so ein Ashram?
- Ashram ist nicht gleich Ashram
- Der Sivananda-Yoga-Vedanta-Dhantwantari-Ashram in Südindien
- Kost und Logis
- Zwei warme Mahlzeiten am Tag reichen vollkommen aus
- Der tägliche Ashram-Plan
- Der Satsang als Kernstück der Sivananda-Tradition
- Tee-Zeit
- Die Sivananda-Yoga-Klassen
- Karma Yoga – Dienst für die Gemeinschaft
- Der tägliche Vortrag
- Der Ashram als Ausbildungs-Ort für Yoga-Lehrer
- Warum sich ein Yoga-Urlaub im Ashram lohnt
Was ist eigentlich so ein Ashram?
Ins Deutsche könnte man das Wort “Ashram” mit Kloster übersetzen. Das bedeutet nicht, dass ein Ashram eine religiöse Angelegenheit ist, sondern mehr, dass es bestimmte Regeln gibt, die einzuhalten sind.
Zudem sind Ashrams in der Regel ein Ort an dem man in ungestörter Form, abgeschnitten von der Außenwelt, seiner eigenen spirituellen Praxis nachgehen kann. Daher auch der Vergleich mit einem Kloster. In dem man ja unter einfachen Umständen lebt und sich mehr auf sich selbst besinnen kann.
Ashram ist nicht gleich Ashram
Ashrams gibt es viele und je nach Tradition werden dort unterschiedliche Aktivitäten angeboten. Im folgenden beschreibe ich den Alltag in einem indischen Yoga-Ashram: Dem Sivananda Vedanta Dhanwantari-Ashram in Kerala, Indien.
Der Sivananda-Yoga-Vedanta-Dhantwantari-Ashram in Südindien
Mit nur einer guten Stunde Taxi-Fahrt vom Flughafen in Trivandrum entfernt, ist der Ashram gut sehr gut erreichbar. Auf der Fahrt fährt man durch indische Dörfer landeinwärts.
Dabei wird es immer grüner und hügeliger. Leicht auf einer Anhöhe gelegen mit Blick auf die Berge und direkt neben dem Stausee Neyyar Dam erstreckt sich das Areal des Ashrams. Auch im Ashram ist es schön grün, hier wachsen viele tropische Pflanzen.
Dieser Ashram ist einer von vielen Ashrams in der Tradition von Swami Sivananda. In dieser Linie werden vor allem die traditionellen Yoga-Traditionen an die westliche Welt vermittelt.
Allen Sivananda-Ashrams ist gemein, dass Alkohol, Zigaretten und Fleisch untersagt sind. Um sich auf die spirituelle Praxis einzulassen ist es wichtig, den Körper und den Geist rein zu halten. So ist ein Ashram auch gleichzeitig ein guter Ort, wenn man Süchte hinter sich lassen möchte.
Natürlich gibt es die Möglichkeit den Ashram zu verlassen und seinen Süchten außerhalb nach zu gehen, doch das macht ja irgendwie keinen Sinn.
Man sollte die Chance wahrnehmen, die einem der Ashram bietet. Ohne sich Gedanken über Tagesablauf so wie Essen und Trinken zu machen, ist der Kopf frei sich auf die Ashram-Aktivitäten einzulassen.
Kost und Logis
Im Grunde kann jeder in einen Ashram einchecken. Je nach Verfügbarkeit und Geldbeutel gibt es verschiedene Zimmer-Kategorien. Komfort wie in einem Hotel darf man hier nicht erwarten.
Ein Ashram ist eine große Lebensgemeinschaft auf Zeit und viele Menschen leben auf kleinem Raum zusammen. Einzelzimmer gibt es in der Regel schon mal nicht. Dafür gibt es in Kerala mehrere Häuser mit folgenden Zimmerkategorien:
- Der Schlafsaal: Es gibt verschiedene Schlafsäle für Frauen und Männer. Das ist die günstigste Art in einem Ashram zu leben und kostet ungefähr 12 € am Tag
- Doppelzimmer mit Ventilator und Gemeinschaftsbad: Die nächste Kategorie kostet um die 15 € am Tag. Warmes Wasser gibt es nur in einem Bad, da es in der Regel aber sehr warm in Kerala ist, ist das kein Problem. Auch hier werden die Geschlechter getrennt.
Wichtiger Hinweis: Nur Verheiratete dürfen zusammen in einem Zimmer übernachten!
- Doppelzimmer mit Ventilator und eigenem Bad: Diese Zimmerkategorie kostet um die 20 € und befindet sich in einem eigenen Haus, in dem jedes Zimmer auch einen eigenen Balkon mit schönen Blick in die Natur hat.
- Doppelzimmer mit Klimaanlage und eigenem Bad: Das ist sozusagen die beste Kategorie und auch ein schönes Haus mit Veranda. Kostenpunkt ca. 30 €:
Egal in welcher Kategorie man sich einbucht, die Verpflegung und das Programm sind identisch. Und hier fängt dann das einfache Ashram-Leben an.
Zwei warme Mahlzeiten am Tag reichen vollkommen aus
Es gibt zweimal am Tag warme Mahlzeiten im Essenssaal. Man isst, wie es in Indien typisch ist auf dem Boden und mit der rechten Hand. Wem das etwas zu “indisch” ist, kann natürlich auch mit einem Löffel essen.
Diese sind in der Ashram-Boutique erhältlich. Hier gibt es neben Büchern, Yoga-kleidung und -Equipment, Hygieneartikel auch Snacks und eben Löffel zu kaufen.
Manchmal lassen Leute auch ihre Löffel da, wenn sie den Ashram verlassen. Es gibt einen sogenannten “Free-Shop” in dem man alles da lassen kann, was man nicht mehr mitnehmen möchte. Es lohnt sich immer mal wieder einen Blick hineinzuwerfen.
Der Free-Shop befindet sich im Eingang des Kailash-Gebäudes, vor dem auch der Wasserspender steht. Dort kann man sich gefiltertes Wasser in seine eigene Flasche abfüllen.
Das Essen und Trinken in einem Ashram in Indien ist ein Riesen-Vorteil für Ausländer. Hier kann man sicher sein, dass alles sauber und rein ist.
Das Essen wird auf den typischen indischen Blech-Tellern serviert und besteht in der Regel aus Reis, einer Gemüsesoße, einem Rohkostsalat und einem weiteren Gemüse. Manchmal gibt es Bananen als “Nachtisch”. Zudem wird Buttermilch zum Brunch ausgeschenkt.
Man braucht keine Angst haben zu verhungern, es ist immer gut genug für alle da. Und wenn man doch mal Hunger bekommt, sind kleine Snacks in der Ashram-Boutique oder dem “Health-Hut” der Ashram-eigenen Juice-Bar erhältlich.
Nach dem Essen spült jeder seinen Teller und seinen Becher selber ab. Vielleicht kennt der eine oder andere das noch aus Schullandheim-Aufenthalten. Und ja, ein bisschen mutet es hier so an. Alles ist sehr einfach und funktional ausgerichtet. All das, damit man sich auf die eigene spirituelle Praxis konzentrieren kann.
Der tägliche Ashram-Plan
Dazu gibt es die täglichen Aktivitäten im Ashram, das sogenannte Pflichtprogramm sieht so aus:
- 05:30 Wecken
- 06:00 Satsang
- 07:30 Tee
- 08:00 Yoga-Klasse
- 10:00 Brunch
- 11:00 Karma-Yoga
- 14:00 Vortrag
- 15:30 Yoga-Klasse
- 18:00 Abendessen
- 20:00 Satsang
- 22:00 Licht aus
Das sieht erstmal sehr voll aus, es gibt aber genügend Freizeit um alles zu erledigen was man sonst noch so vor hat. Zudem ist jeden Freitag ein freier Tag, sprich nur der Morgen- und Abend-Satsang sind Pflicht. Und damit kommen wir auch schon zur Erklärung der einzelnen Programmpunkte.
Der Satsang als Kernstück der Sivananda-Tradition
Jeden Morgen und Abend gibt es Satsang, das ist die Zusammenkunft aller Menschen die gerade im Ashram leben. Der Sivananda-Satsang besteht aus vier Teilen:
- Am Anfang wird ungefähr 20 Minuten in Stille meditiert
- Danach wird das “Jaya Ganesha” und zwei- bis drei andere Mantras im Kirtan, im Call & Response gesungen (Hier würde ich gerne einen Link zu meiner Website setzen, wo Kirtan und Mantras erklärt werden)
- Nach dem Mantra-Singen gibt es eine kleine Lesung aus einem der Werke von Swami-Sivananda, so etwas wie der “Spruch des Tages”.
- Zum Abschluß gibt es das “Arati” eine Lichtzeremonie die mit “Prasad” einer kleinen Süßigkeit wie Datteln, Bananen oder auch mal Erdnüsse für alle endet.
Zweimal die Woche, Mittwochs und Sonntags, gibt es einen sogenannten stillen Spaziergang. Dafür trifft man sich vor dem Ashram und geht gemeinsam in Stille zum Staudamm. Dort wird dann gemeinsam das “Jaya Ganesha” und einige Mantras gesungen. Danach kann man sich den Sonnen-Aufgang anschauen und darf dann auf dem Rückweg auch wieder miteinander reden. Der Tee erwartet einen schon, sobald man wieder im Ashram ist.
Tee-Zeit
Direkt wenn man aus der Satsang-Halle rauskommt, stolpert man auch schon die Tee-Area. Ein schattiger Platz unter den Bäumen zwischen Satsang-Halle und Haus-Kailash. Hier wird morgens Chai, gesüßt oder ungesüßt so wie schwarzer ungesüßter Tee ausgeschenkt.
Nachmittags gibt es Obst so wie gesüßten und ungesüßten Kräutertee. Die Tee-Area ist auch ein guter Zeitpunkt um andere Ashram-Bewohner kennen zu lernen. Man sitzt auf Bänken unter Bäumen und hat Zeit ein wenig zu quatschen und sich auszutauschen.
Die Sivananda-Yoga-Klassen
Sivananda-Yoga ist bekannt für seinen traditionellen Ansatz und die Klasse hält sich an die sogenannte Rishikesh-Reihe. Sie beginnt mit Savasana, der Entspannungshaltung auf dem Rücken. Danach wird ein Mantra rezitiert, um sich optimal auf die Praxis einzustimmen.
Mit Pranayama, den Atemübungen, wird der Geist mit dem Körper zusammengebracht. Einige Runden Surya Namaskar, der Sonnengruß, wärmt den Körper gut auf und bereitet auf die folgenden 12 Asanas, Körperhaltungen, vor. Diese werden jeden Tag in derselben Reihenfolge praktiziert und dann Variationen eingebaut.
Hier im Ashram werden Anfänger und Fortgeschrittene getrennt, so dass es für jeden die passende Klasse gibt. In der Hochsaison gibt es sogar noch eine “Gentle-Yoga-Class” am Nachmittag. Die Klassen enden wie sie anfangen mit Savasana und einem rezitierten Mantra.
Karma Yoga – Dienst für die Gemeinschaft
Das Leben im Ashram ist ein Leben in Gemeinschaft und das bedeutet, dass jeder mithilft. Für Neulinge im Ashram gibt es immer eine Orientierung, bei der man auch seine Karma-Arbeit zugeteilt bekommt.
In der Regel hilft man beim Säubern der verschiedenen Hallen, beim Tee- oder Essen-Servieren. Das Karma Yoga dauert maximal eine Stunde, was einem genügend Zeit gibt, sich noch vor dem Vortrag ein wenig zu erholen.
Der tägliche Vortrag
Im Rahmen des Yoga-Urlaubes, das ist das Programm eines normalen Gastes, gibt es jeden Tag eine Stunde einen Vortrag zu Yoga. Dies ist eine gut Möglichkeit zu erfahren, dass Yoga nicht nur Asanas bedeutet.
Hier werden die Grundlagen des Yogas erklärt und mit der Praxis in Zusammenhang gebracht. Sehr spannend, für alle die mehr über Yoga erfahren wollen und eine gute Vorbereitung für eine Yoga-Lehrer-Ausbildung.
Der Ashram als Ausbildungs-Ort für Yoga-Lehrer
Mehrmals im Jahr finden Yoga-Lehrer-Ausbildungen im Ashram statt. Das bedeutet, dass eine Gruppe von Menschen für einen Monat nach Ausbildungsplan im Ashram lebt. Diese trifft man im Satsang, ansonsten haben sie ihren eigenen vollen Stundenplan.
Da der Dhanwantari-Ashram sehr groß ist, gibt es genügend Platz für alle. Alle Ausbildungszeiten findet man auf der Website.
Warum sich ein Yoga-Urlaub im Ashram lohnt
Der Yoga-Urlaub ist ein zweiwöchiges Programm, welches immer am ersten und 15. des Monats beginnt. Das bedeutet aber nicht, dass man an diesen Tagen kommen und zwei Wochen bleiben muß. Man kann kommen wann und bleiben so lange man möchte.
Es gibt nur eine Regel, der Mindestaufenthalt sind drei Tage. Das macht auch Sinn, da man sicher ein wenig Zeit braucht um sich an das Ashram-Leben zu gewöhnen.
Ich kann den Aufenthalt in einem Ashram jeden empfehlen, der sich einfach mal etwas mehr mit sich selber auseinandersetzen möchte. Im Yoga-Ashram hat man die Möglichkeit seine Asana Praxis und das Pranayama zu verbessern, die Meditation zu vertiefen und mehr über die Hintergründe der Yoga-Tradition zu erfahren.
In einem Ashram wie Dhanwantari in Indien hat man die Möglichkeit Menschen aus der ganzen Welt kennen zu lernen. Die gemeinsame Sprache ist Englisch. Auch die Yoga-Klassen und Lesungen sind alle in Englisch.
Wenn man sich tatsächlich für eine Yoga-Lehrer-Ausbildung entscheidet, dann gibt es Simultan-Übersetzer beim Satsang und den Theorie-Klassen so wie Gruppen nach Sprachen in den Yoga-Klassen. Es ist sicher eine besondere Erfahrung Yoga in dem Land zu lernen aus dem es kommt. Man hat einfach das Gefühl näher an der Quelle zu sein.
Da Yoga sich auch Praktiken aus dem Hinduismus bedient wird man viele hinduistische Gottheiten und Tempel im Ashram finden. Dort finden täglich typische Rituale statt und jeder den es interessiert ist eingeladen daran teilzunehmen. Das ist sicher ein Vorteil, wenn man sich für einen Ashram in Indien entscheidet.
Über die Autorin:
Alice Radha st eine reisende Yogini, welche bereits über 500 Stunden ihrer Yoga-Lehrer-Ausbildungen in Sivananda-Ashrams in Indien verbracht hat. Neben dem Yoga-Unterricht gibt sie vor allem Kirtan: Mantra-Singen im Call & Response.
Seit 2020 hat sie ihre Basis wieder nach Hamburg gelegt und konzentriert sich darauf die Praxis des Mantra-Singens in die Yoga-Welt zu integrieren. Dazu gibt sie Mantra-Workshops, -Yogaklassen und -Yoga-Ausbildungen. Alle Infos zu Alice Radha: www.aliceradhayoga.com
3 Kommentare
Hey, das ist ja ein super Blogbeitrag – hier kann ich für meine zukünftige Arbeit echt viel mitnehmen!
Lieben Dank
Matthias Eckel
Hallo das ist ein interessante Blogbeitrag. Kompliment!
Danke für deinen sehr ausführlichen und spannenden Beitrag.
Schullandheim, da musste ich glatt loslachen. Alles in allem klingt es nach einer ausgezeichneten und erfüllenden Erfahrung, die du dort gemacht hast.
Ich werde mich mit diesem Thema sicher noch weiter beschäftigen.
Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast und diesen Beitrag veröffentlicht hast.
Beste Grüße aus Jena
Petra